Liebe Leserschaft,
Schneeballsysteme, die aus Blockheizkraftwerken resultieren? Also wir finden, im Falle des Anlegers, der vergeblich in betrügerische Modelle investiert hat, bringt das Steuerrecht mal wieder herrlich ungewohnte Zusammenhänge zustande.
Ein paar Standard-Themen sind auch drin, im aktuellen Newsletter: Briefkastenadressen, Ausschüttungen und Geschäftsführerhaftung beispielsweise. Aber lesen Sie selbst.
Eine gute Lektüre und herbstliche Grüße
Ihr
Gideon Scharfe
Folgende Themen lesen Sie im Einzelnen:
- Einkommensteuerrechtliche Behandlung vergeblicher Investitionen in betrügerische Modelle
- Ermittlung der ortsüblichen Marktmiete möblierter Wohnungen
- Verdeckte Gewinnausschüttung bei Entgeltumwandlung
- Haftung des Geschäftsführers nach Insolvenzeröffnung
- Ausschüttungen – Beschränkungen nach § 43a GmbHG beachten
- Keine überhöhten Anforderunge an Rechnung für Vorsteuerabzug
- Briefkastenadresse auf Rechnungen zulässig
Einkommensteuer
Einkommensteuerrechtliche Behandlung vergeblicher Investitionen in betrügerische Modelle
Ein Anleger hatte mit verschiedenen Gesellschaften einer Gesellschaftsgruppe Verträge über den Erwerb und Betrieb mehrerer Blockheizkraftwerke (BHKW) geschlossen und die entsprechenden Kaufpreise gezahlt. Die Zahlungen finanzierte er durch die Aufnahme von Bankdarlehn. Das wirtschaftliche Risiko aus dem Betrieb sollte beim Anleger liegen. Die BHKW wurden jedoch weder geliefert noch in Betrieb genommen. Stattdessen stellte sich heraus, dass die Initiatoren ein betrügerisches Schneeballsystem auf den Weg gebracht hatten. In seiner Steuererklärung machte der Anleger gewerbliche Verluste aus dem beabsichtigten Betrieb der BHKW geltend.
Insolvenzschuldnerin habe er im Insolvenzverfahren die Möglichkeit gehabt, der Steuerforderung des Finanzamts zu widersprechen. Dies habe er jedoch nicht getan.
Der Bundesfinanzhof muss abschließend entscheiden.
Ermittlung der ortsüblichen Marktmiete möblierter Wohnungen
Eine Wohnungsmiete muss mindestens 66 % der ortsüblichen Marktmiete betragen, um als voll entgeltliche Vermietung anerkannt zu werden. Liegt die vereinbarte Miete darunter, können Vermieter entstandene Werbungskosten nur anteilig geltend machen.
Wird eine Wohnung möbliert oder teilmöbliert vermietet, kann es zur Ermittlung der Marktmiete erforderlich sein, für die Möblierung einen Zuschlag zu berücksichtigen.
Der Bundesfinanzhof stellte hierzu folgende Grundsätze auf:
• Sieht der Mietspiegel für die überlassenen Gegenstände einen prozentualen Zuschlag oder eine Erhöhung des Ausstattungsfaktors über das Punktesystem vor, ist diese Berechnung für die marktübliche Vergleichsmiete heranzuziehen.
• Lässt sich dazu dem Mietspiegel nichts entnehmen, ist ein am Markt realisierbarer Möblierungszuschlag zu berücksichtigen.
• Ist dieser nicht ermittelbar, wird auf die ortsübliche Marktmiete ohne Möblierung abgestellt. Ein Möblierungszuschlag, der auf Grundlage der linearen AfA ermittelt wird, kommt nicht in Betracht. Ebenso wenig ist ein prozentualer Mietrenditeaufschlag anzusetzen.

Unternehmer/Unternehmen
Verdeckte Gewinnausschüttung bei Entgeltumwandlung
Ein Geschäftsführer war mehrheitlich an einer GmbH beteiligt. Die GmbH sagte ihm 1994 eine Altersrente von 60 % des letzten Grundgehalts ab dem 65. Lebensjahr zu. Die Altersversorgung wurde 2010 mit einer zusätzlichen Unterstützungskassenzusage verbessert. Hierzu wurde eine Entgeltumwandlung vereinbart. Die gekürzten Gehaltsanteile zahlte die GmbH an die Versorgungskasse, die dem Geschäftsführer eine Versorgungszusage erteilte und eine entsprechende Rückdeckungsversicherung abschloss. Die GmbH berücksichtigte die Beitragszahlungen als Betriebsausgaben.
Das Finanzamt hingegen sah in der Unterstützungskassenzusage eine verdeckte Gewinnausschüttung. Es argumentierte, dass der Geschäftsführer zum Zeitpunkt der Zusage bereits das 58. Lebensjahr überschritten habe und die zusätzliche Altersversorgung nicht mehr erdienen könne.
Der Bundesfinanzhof widersprach der Auffassung der Finanzverwaltung. Wirtschaftlich betrachtet verfügt der Geschäftsführer mit der durch Entgeltumwandlung finanzierten Altersversorgung über sein eigenes (künftiges) Vermögen. Er legt lediglich Aktivbezüge zugunsten künftiger Altersbezüge zurück. Daher gibt es regelmäßig keine Veranlassung, die Entgeltumwandlung am Maßstab der Erdienbarkeit zu prüfen.
Haftung des Geschäftsführers nach Insolvenzeröffnung
Ein GmbH Geschäftsführer wurde nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH vom Finanzamt für Steuerschulden der Gesellschaft als Haftungsschuldner in Anspruch genommen. Gegen den Haftungsbescheid legte er erfolglos Einspruch ein.
Das Sächsische Finanzgericht entschied, dass die Einwendungen des Geschäftsführers gegen die Höhe der Steuer erfolglos bleiben. Als Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin habe er im Insolvenzverfahren die Möglichkeit gehabt, der Steuerforderung des Finanzamts zu widersprechen. Dies habe er jedoch nicht getan.
Der Bundesfinanzhof muss abschließend entscheiden.
Ausschüttungen – Beschränkung nach § 43a GmbHG beachten
Die GmbH-Bilanz 2017 ist im Regelfall erstellt. Vielfach stellt sich dann die Frage, wie viel die GmbH eigentlich ausschütten kann. Die Frage beantwortet sich mit Blick auf die Bilanz wie folgt: Ausschüttbar ist die Summe aus Jahresüberschuss und Gewinnvortrag. Der Gewinnvortrag beinhaltet die stehen gelassenen und bisher nicht ausgeschütteten Gewinne aus früheren Jahren.
Hat die GmbH Kredite an den Geschäftsführer gewährt? Diese dürfen nach § 43a GmbHG nur aus dem freien Eigenkapital gewährt werden. Die Vorschrift bestimmt, dass Kredite „nicht aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft“ gewährt werden dürfen. Die Vorschrift gilt übrigens nicht nur für den Geschäftsführer, sondern allgemein auch für andere gesetzliche Vertreter, Prokuristen oder Handlungsbevollmächtigte. Mit anderen Worten: Das zu erhaltende Stammkapital sowie Kredite sind in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen. Betragen Jahresüberschuss und Gewinnvortrag in Summe € 1.000.000,00 und schuldet der Geschäftsführer der GmbH € 200.000,00, können nur maximal € 800.000,00 ausgeschüttet werden. Voraussetzung ist weiterhin, dass die GmbH über freie liquide Mittel in Höhe der gewünschten Ausschüttung verfügt.
Umsatzsteuer
Keine überhöhten Anforderungen an Rechnung für Vorsteuerabzug
Eine Rechnung muss, um zum Vorsteuerabzug zu berechtigen, insbesondere Angaben zu der dem Leistenden erteilten Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, zur Menge und Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände und zum Umfang und zur Art der sonstigen Leistung sowie zum Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung enthalten. Entscheidend ist, dass die Rechnungsangaben es der Finanzverwaltung ermöglichen, die Entrichtung der Umsatzsteuer und ggf. das Bestehen des Vorsteuerabzugsrechts zu kontrollieren. Deshalb dürfen keine überhöhten oder unzumutbaren Anforderungen an die Rechnung gestellt werden.
So kann sich z. B. die grundsätzlich erforderliche Angabe des Kalendermonats, in dem die Leistung erfolgte, aus dem Ausstellungsdatum der Rechnung ergeben, wenn nach den Verhältnissen des Einzelfalls davon auszugehen ist, dass die Leistung in dem Monat bewirkt wurde, in dem die Rechnung ausgestellt wurde. Dabei muss das Finanzamt auch ergänzende zusätzliche Informationen des Steuerpflichtigen berücksichtigen und darf sich nicht auf die Prüfung der Rechnung selbst beschränken.
(Quelle: Urteil des Bundesfinanzhofs)
Briefkastenadresse auf Rechnung zulässig
In einer Rechnung für Zwecke des Vorsteuerabzugs muss als Anschrift des Leistenden nicht der Ort seiner wirtschaftlichen Tätigkeit angegeben werden. Dies hat der BFH in zwei Urteilen vom 21.06.2018 (V R 25/15 und V R 28/16) entschieden. Der BFH folgt damit dem EuGH in den deutschen Vorlageverfahren Geissel und Butin. Es genügt, wenn der Leistende unter der angegebenen Anschrift erreichbar ist. So genügt z. B. auch die Angabe der Anschrift einer Anwaltskanzlei, die für weitere Gesellschaften als Domizilsitz dient. Die Domizilanschrift des Leistenden begründet auch keine Bösgläubigkeit beim Leistungsempfänger. Trotz eines Umsatzsteuerbetrugs in der Leistungskette hat der BFH im Verfahren V R 28/16 den Vorsteuerabzug anerkannt. Der Nachweis des Wissens oder Hätte-Wissen-Müssens wäre vom Finanzamt zu führen gewesen. Der Nachweis wurde nicht erbracht.
© 2018 DATEV eG